Michael ist Ende 2005
zu unserer Gruppe gestoßen und war ein Newcomer bzgl. vorbildorientierter
Betriebsabläufe. Hier ist sein Erfahrungsbericht nach zwei Teilnahmen an
unseren americaN-weekends:
Worum geht es beim
Dispatching?
Bei americaN
simulieren wir den Betrieb der echten Bahn. Wir fahren Güter von A nach
B, und die Bewegungen der Wagen werden durch Bahnhofsdatenblätter und
Frachtzettel geregelt. Zur groben Disposition gibt es den Fahrplan.
Anders als bei europäischen
Eisenbahnen, bei denen die Züge über Stellwerke und Signale gesteuert
werden, fahren wir bei americaN
– wie beim großen Vorbild - mit Track
Warrant Control.
Der so genannte
Dispatcher ist derjenige, der die Steuerung sämtlicher Zugbewegungen auf
der Strecke koordiniert und regelt.
Beim Betrieb mit
Track Warrant Control haben wir drei Rollen:
-
den
Dispatcher. Der sitzt im Dispatching Office und regelt per Funk den
Verkehr.
-
den
Conductor. Der fährt mit der Caboose und empfängt die Anweisungen
vom Dispatcher per Funk.
-
den
Lokführer. Der bekommt die Anweisungen von seinem Conductor. Bisher
noch per Zuruf, jedoch vielleicht bald auch per Funk.
Manchmal ist der
Conductor gleichzeitig Lokführer, manchmal besetzen wir die Rollen mit 2
Personen. Beides hat seinen Reiz. Die Besetzung mit zwei Personen ist vor
allem dann gut, wenn ausreichend Betriebspersonal auf den Einsatz wartet.
Was tut ein
Dispatcher?
Bei den Treffen der americaN
fahren wir nach Fahrplan, und der Dispatcher sorgt dafür, dass die Züge
entsprechend des Fahrplans fahren, und dass dies möglichst reibungsfrei
passiert.
Welche Besonderheiten
des Verkehrs gibt es auf der eingleisigen Strecke?
Erstens sind die
Zugkreuzungen zu planen. Hierzu müssen die sidings lang genug sein, um
lange dauernde Rangierbewegungen zu vermeiden.
Zweitens gibt es
starke Behinderung des Verkehrs, wenn zum ungünstigen Zeitpunkt rangiert
wird und hierdurch das Hauptgleis blockiert ist.
Sobald ein Zug
rangiert, hat der Conductor die Aufgabe, die Details für seinen Zug zu
planen. Der Dispatcher ist für die Rangiererlaubnis zuständig, die
Details der Waggonbewegungen regelt der Conductor allein.
Wenn zwei Züge
gleichzeitig in einer Betriebsstelle rangieren (z. B. ein Local und ein
Sweeper), dann gibt es noch mehr Spaß für die Zugmannschaften: dann müssen
sich die Conductors einigen, wer wann was macht.
Der Dispatcher hat
dafür zu sorgen,
-
dass
der Fahrplan eingehalten wird
-
dass
möglichst viel Verkehr fließt
-
dass
nur so viele Züge auf der Strecke sind, dass alles möglichst glatt
und Staus läuft, und vor allem, dass der Verkehr nicht
zusammenbricht, weil sich zu viele Züge gegenseitig behindern
-
dass
möglichst viel Betriebspersonal gleichzeitig eingesetzt wird und
jeder Spaß hat
-
dass
das Zugpersonal rechtzeitig aus den Pausen kommt und in den
Schattenbahnhöfen seinen jeweiligen Zug übernimmt
Wie Dispatchen abläuft
Zum Dispatchen haben
wir mehrere Methoden ausprobiert, und alle haben geklappt. Die folgende
Art des Dispatchens habe ich erstmals im März 2006 in Waiblingen
eingesetzt, und sie hat sich bewährt. Die wesentlichen Ideen für dieses
Verfahren bekam Michael von Dave Husman von der „Operations Special
Interest Group“ der NMRA (National Model Railroad Association), USA.
Ziel dieses
Verfahrens ist es, einerseits möglichst wenig Arbeit beim Dispatchen zu
haben, und andererseits nicht den Überblick zu verlieren, was wo auf der
Strecke los ist.
Dispatcher
Michael H. im Office
Für die Lage des
Office gibt es viele Möglichkeiten: bei uns saß der Dispatcher früher
in der Mitte der Anlage, und bei diesem Treffen hatte er seinen
Schreibtisch in einem abgelegenen eigenen Büro. Weil wir mit Funk-Handies
arbeiten, ist der Abstand grundsätzlich nur von der Sendeleistung der
Funkies begrenzt.
Der Vorteil eines
abgeschotteten Office ist es, dass der Dispatcher nicht sieht, was
passiert. Das gibt einen besonderen Reiz, und es ist so wie beim Vorbild:
auch da ist der Dispatcher weit weg vom Geschehen. Manchmal sogar mehrere
hundert Meilen.
Das Werkzeug für
die Zugmannschaft:
-
ein
Funk-Handy mit Kopfhörer und Mikrofon
-
leere
Track Warrant – Formulare
-
ein
Klemmbrett für Track Warrants und für die Wagenkarten
-
ein
Kugelschreiber
Das Werkzeug für
den Dispatcher:
-
ein
Funk-Handy mit Kopfhörer und Mikrofon
-
leere
Track Warrant – Formulare
-
Bleistift
und Buntstift
-
und
folgende Pläne:
-
Streckenplan
-
Fahrplan
-
Job-Description
-
eine
Tabelle zur grafischen Darstellung der vergebenen Track Warrants
Der
Streckenplan: Die Abkürzungen im Uhrzeigersinn bedeuten, von Ost nach
West:
EY
= Erehwyna Yard
SPJ = Sand Pit Junction
JKC = JK Coal Mine
MC = Millers Crossing
YL AJ = Yard Limit von Appaloosa Junction
AJ = Appaloosa Junction
YL AJ = Yard Limit von Appaloosa Junction
RC = Rick’s Cattle
SCY = SarahCreek Yard
Fahrplan
für Waiblingen. Die Reihenfolge der Züge ist vorgegeben, und deren
vorgesehene Kreuzungspunkte. Übrigens: ab und zu verkehren zusätzliche Züge,
z. B. die Kohlenzüge.
Die
Job Descriptions. Sie beschreiben die Aufgaben für das Zugpersonal.
Das
Track Warrant – Formular
Die
schnell per Bleistift erstellte Tabelle: hier sind die Kürzel der
Betriebsstellen von Ost nach West eingetragen
Der
Dispatching – Ablauf:
Der Dispatcher entscheidet,
welcher Zug von wo nach wo fahren soll, er füllt ein Track Warrant in ein
Formblatt, und trägt dann die Strecke in die Tabelle ein.
Der
Start des Fahrplans: die Züge 12 und 53 sind auf der Strecke. Track
Warrants 1 und 2 sind erledigt, und Track Warrants 3 und 4 sind gültig.
Falls es irgendwo die Gefahr
einer Kollisionen geben könnte, sollte dies beim Eintragen in die Tabelle
auffallen. Eine Kollisionsgefahr besteht immer, wenn mehr als eine nicht
orange Linie auf einer Strecke eingetragen ist. Dann müssen besondere
Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden sein. Dies kann über Yard Limits
vorgegeben sein (genau dies ist bei Appaloosa Junction der Fall). Oder über
besondere Anweisungen in den Track Warrants.
Zum Zeitpunkt dieser Dispatching
- Tabelle gibt es folgende Track Warrants:
Track
Warrants 1 und 2 sind erledigt und orange durchgestrichen
Track
Warrants 3 und 4 sind gültig. Damit Züge 12 und 53 keine Kollision
bekommen, hat Zug 53 unter Checkbox 11 „Andere gezielte Anweisungen“
entsprechende Anweisungen bekommen.
Dispatcher:
ist das ein Traumjob, oder ist das langweilig?
Hier gehen die Meinungen
auseinander, und es ist gut, wenn man mehrere Personen im Team hat, die
gerne mal dispatchen.
Ich mag die Spannung, Züge zu
koordinieren, die ich nicht sehe. Das ist für mich ein ganz spezieller
Reiz. Andererseits möchte ich in weiteren Sitzungen selber aktiv den
Regler in der Hand haben und Loks und Wagen über die Module bewegen. Ich
mag es beides machen, in einem guten Mix.
Einige bei uns in der Gruppe
wollten bisher nicht dispatchen. Sie waren lieber am Zug. Vielleicht
trauten sie sich nicht? Das könnte sich ändern, wenn sie diesen Text
lesen. Mal sehen, ob wir beim nächsten Treffen mehr Leute als Dispatcher
gewinnen können.
mh 2006-04
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