WEATHERING

Nichts ist auf einer Modellbahn desillusionierender als glänzender Kunststoff oder Rollmaterial "right out of the box". Das Altern oder Weathering von Rollmaterial ist deshalb ein entscheidender Schritt zum realistischen Erscheinungsbild einer Modellbahn. Es gibt viele Methoden des Alterns, beispielsweise das Auftragen von Puderfarben und Künstler-Acrylfarben mit dem Pinsel, das Übersprühen mit verdünnten Farben mittels Airbrush oder auch die Kombination mehrerer Methoden. Zunächst stelle ich das Altern mit der Airbrush vor, weiter unten das Altern mit Pinsel und Künstler-Acrylfarben.

Alterung mit der Airbrush


Auf dem Bild oben sind das wichtigste Werkzeug und die von mir verwendeten Farbtöne zu sehen. Der Airbrush ist ein Omni 5000 von Thayer & Chandler. Mit diesem Luftpinsel lassen sich ohne Nadelwechsel sowohl millimeterdünne Striche sprühen als auch Flächenlackierungen vornehmen. Für Arbeiten in Baugröße N ist dieser Double-Action-Airbrush einfach super. Da ich über keinen separaten Modellbauraum verfüge, müssen alle Arbeiten "wohnraumverträglich" ausgeführt werden. Darum benutze ich grundsätzlich Acrylfarben. Diese lassen sich mit Wasser, Alkohol oder Spiritus verdünnen und auch das Reinigen des Airbrush erfolgt mit den genannten Flüssigkeiten. Für das Weathering benutze ich eine Farbpalette, die mir von FREMO-Mitglied Fons Bossaers empfohlen und im FREMO HP1 Ausgabe 3/2005 beschrieben wurde. Ausgangsbasis sind Tamiya Militärfarbtöne, die im Verhältnis 1:10 mit Isopropanol (2-Propanol) verdünnt werden. Tamiya-Farben sind bei sachgemäßer Lagerung (angebrochene Flaschen mit dem Deckel nach unten im Dunkeln lagern!) jahrelang benutzbar. Isopropanol ist im Vergleich zu Original-Tamiya-Verdünner, der im Wesentlichen aus Isopropanol besteht, extrem preiswert: 250 ml Tamiya-Verdünner kosten cirka 8 Euro, 1000 ml Isopropanol dagegen nur 5 Euro.

Die Farbtöne im Einzelnen (von links nach rechts): XF-1 Flat Black, XF-63 German Grey, Dark Dust ist eine Mischung aus XF-63 German Grey, XF10 Flat Brown und XF-55 Deck Tan im Verhältnis 3:2:1, XF-9 Hull Red, XF-10 Flat Brown, XF-64 Red Brown, XF-52 Flat Earth, XF-57 Buff, XF-57 Deck Tan und zuletzt das Mattierungsmittel X-21 Flat Base. Auf dem Bild nicht gezeigt ist X-10 Gun Metal.

Die Rot-Töne dienen der Imitation  von Rost, mit den Beige-Tönen werden verschiedene Staubschattierungen nachgebildet. Die Grau- und Schwarz-Töne werden vorwiegend im Dachbereich, aber auch an den Drehgestellen eingesetzt. Das Mattierungsmittel dient in erster Linie zum Abdämpfen sehr greller Farbtöne. Mit Gun Metal kann man sehr schön Ölspuren an Kesselwagen oder Tanks andeuten.


Zur Aufnahme der Wagenkästen beim Weathering mit dem Airbrush habe ich mir zwei kleine Helferlein gebastelt:

Aus einem Stück Tischlerplatte, Federstahldraht (0,8mm Durchmesser), zwei Schrauben und zwei Unterlegscheiben entstand dieser Halter, auf den man Wagenkästen durch die Aufnahmelöcher der Drehgestelle aufstecken kann. Das Drahtende unter den Unterlegscheiben ist in Form einer Öse gebogen. Durch die L-Form des rechten Drahtes kann die Halterung leicht durch Verdrehen dieses Drahtes um die Schraube an den Drehzapfenabstand des aufzunehmenden Wagens angepasst werden.

Ein Stück Tischlerplatte und Reste einer 3mm dicken Polystyrol-Platte dienten zum Bau dieser Halterung für Wagenkästen ohne Boden. Die Polystyrol-Streifen wurden mit Sekundenkleber verbunden und der so entstandene Halter mit Heißkleber auf die Tischlerplatte geklebt.  


Mit den folgenden Bildern möchte ich keine detaillierten Anweisungen geben, sondern nur auf spezielle Dinge hinweisen. Mir geht es auch nicht darum, einzelne Supermodelle zu erschaffen, sondern einen realistischen Eindruck bei normalem Betrachtungsabstand auf einem Modularrangement zu erzielen.

Die ersten drei Wagen sind jeweils doppelt abgebildet, um zu zeigen, wie sich ein abschließendes Überlackieren mit Mattlack aus der Sprühdose auswirkt. Ich habe dazu Marabu Mattlack verwendet. Vergleicht man die Bilder, so sieht man deutlich, dass die Farbtöne nach dem Überlackieren zum einen schwächer wirken und  noch weicher ineinander übergehen. 


Bei diesem Wagen wurden vor dem Airbrushen die Schweißnähte der Felder mittels stark verdünnter Künstler-Acrylfarbe "Gebranntes Umbra" akzentuiert, die per Pinsel aufgetragen wurde (die beiden folgenden Wagen sind ausschließlich per Airbrush gealtert). Die Beschriftung links wurde nach dem Airbrushen mit Verdünner und Wattestäbchen wieder freigelegt.


Um die Stahlverstrebungen dieses Wagens zu betonen, habe ich diese zuerst mittels Hull Red und Dark Dust besprüht. Anschließend wurde der ganze Wagenkasten leicht mit einem Rot-Ton übernebelt, um die Beschriftung ausgeblichen erscheinen zu lassen. Die Felder der Holzbeplankung wurde anschließend wieder leicht mit Buff betont.


Bei diesem Wagen wollte ich das grelle Orange und die silberne Feder mittels Flat Base dämpfen. Nach dem Überlackieren mit Mattlack ist der gewünschte Effekt jedoch fast wieder verschwunden. Hier werde ich nochmals mit Flat Base nachhelfen.


Natürlich kann man Wagen auch ohne Airbrush altern. Auch dabei lassen sich wieder hochverdünnte Farbmischungen einsetzen. Die Amerikaner bezeichnen die Technik als washing. Dabei trägt man die verdünnten Farbe mit einem Flachpinsel in senkrechten Pinselstrichen satt auf den Wagenkasten auf. Bei Bedarf kann der Vorgang wiederholt werden.


Bei diesem Wagen verdünnte ich ein Teil ModelFlex "Grimy Black" mit 10 Teilen Franzbranntwein (48 %iges Ethanol) und pinselte den Wagen damit einmal ein. Schon mit dieser einfachen Behandlung wird die spielzeughafte Optik eines Modells sehr stark verbessert.


Bei den folgenden beiden Wagen wurden kleine "Pannen" bei der Alterung durch ein nachfolgendes Übersprühen mittels Airbrush kaschiert. Beide Wagen wurden zuerst mit einer Mischung aus einem Teil ModelFlex " Grimy Black" und 10 Teilen Isopropanol behandelt. Isopropanol greift jedoch die Lackierung der MicroTrains-Wagen an. Es bilden sich unterschiedlich helle Ausblühungen.

Bei diesem boxcar erkennt man im Bereich der Wagennummer eine der genannten Ausblühungen. Auf dem Dach waren diese noch wesentlich heller, so dass ich das Dach mit der oben auf dieser Seite beschriebenen Mischung dark dust übernebelte. Die Beschriftung hatte ich schon vor der ersten Farbbehandlung mit Hilfe eines Glasfaser-Radierers gealtert.

Bei diesem stock car waren die Ausblühungen noch stärker, so dass ich den kompletten Wagenkasten mit dark dust übersprühte. Die Moral von der Geschichte? Erstens sollte man beim "washing" vorab testen, ob sich das Verdünnungsmittel mit der Lackierung verträgt. Und zweitens lassen sich kleine Pannen mit einer weiteren Patinierungsschicht wieder kaschieren. 


Mein erster Weathering-Versuch an einem silberglänzende Wagenkasten. Zuerst habe ich im Dachbereich ein washing aus verdünnten German Grey aufgetragen. Dann kam der Airbrush zum Einsatz: als erstes verdünntes Flat Brown, anschließend ein Übernebeln des gesamten Wagenkastens mit verdünntem German Grey. Die "Rostflecken" aus unverdünntem Flat Brown habe ich abschließend mit Hilfe einem 0,4mm-Kupferdraht aufgetupft.

Während mir das Weathering des Wagenkasten nicht ganz gefällt, habe ich endlich einen Kniff, um die Drehgestelle mitsamt den Radsätzen optisch sehr stark aufzuwerten. Bisher hatte ich höchstens die Drehgestelle lackiert, jedoch die Radsätze in originalem "Plastikglanz" belassen (siehe die Bilder oben). Alle Versuche, die Radsätze mit dem Pinsel zu lackieren, führten zu keinen guten Ergebnissen und waren außerdem sehr zeitaufwändig. Einfacher geht das Lackieren, wenn man die Radsätze im Drehgestell gleich mitlackiert. Dazu setze ich das ausgebaute Drehgestell auf ein Flexgleis und schiebe es mit einer Pinzette vor und zurück. Parallel dazu führe ich die Airbrush und lackiere Drehgestell und die Radsätze. Um die Laufflächen wieder von der Farbe zu befreien, lege ich auf ein Ende des Flexgleises ein Streifen Küchenpapier, das ich mit Isopropanol tränke. Direkt nach dem Lackieren schiebe ich das Drehgestell auf dem Papier hin und her, bis die Laufflächen wieder lackfrei sind. Noch ein bisschen Drybrushing mit brauner Farbe und fertig ist ein "plastikglanz"-freies Drehgestell.

 


Alterung mit Pinsel und Künstler-Acrylfarben

Meine Alterungsversuche mit Künstler-Acrylfarben basieren auf dem Artikel "Weathering with artist´s acrylic paints" von Roger Carlson, der im Model Railroader 12/1996 veröffentlicht wurde. Der Autor empfiehlt fünf Farbtöne:Mars Black, Burnt Umber, Raw Sienna, Burnt Sienna und Titanium White

Die Farben werden sehr stark verdünnt aufgetragen. Die meistbenutzt Farbe beim Altern ist Burnt Umber, das ich bei den beiden folgenden Beispielen verwendet habe. Als Verdünnungsmittel verwende ich Franzbranntwein, zum Auftragen einen 4er Rundpinsel.

Vor dem Farbauftrag habe ich bei beiden Wagen die Beschriftung mit einer Messing-Bürste vorbehandelt, um eine ausgeblichene bzw. abgeblätterte Optik zu erhalten. Beim hopper sind darüber hinaus vor dem Altern die Drehgestelle und die Radsätze Tamiya German Grey lackiert worden.


Mit wesentlich stärker verdünntem Burnt Umber wurde dieser hopper bahandelt.


Dieser hopper wurde aussen mit Mars Black behandelt. Der Laderaum wurde mit der Airbrush mit Dark Dust abgedunkelt, auch der Wagenkasten erhielt aussen nochmals einen dünnen Überzug mit dieser Farbmischung.


Auch bei Boxcars funktionieren die dünnen Washings auf Basis von Mars Black.


Diese beiden Wagen wurden wieder mit Burnt Umber behandelt. Die grauen Spuren am Dach und um die Türe am boxcar stammen vom missglückten Versuch, den Wagen mit Mattlack von Microscale zu fixieren. Ich versuchte dann Lack sofort nach dem Lackieren mit Wasser zu reinigen. Die grauen Spuren blieben übrig: Weathering by accident sozusagen.


Der Wagenkasten dieser Caboose bekam eine Behandlung mit Raw Sienna. Das Dach wurde separat mit der Airbrush lackiert.


Diese Caboose wurde ebenfalls zunächst mit einem sehr dünnen Washing aus Raw Sienna behandelt. Mit der Airbrush wurde später etwas Buff übersprüht. Das Dach wurde ebenfalls mit der Airbrush lackiert und mit Dark Dust übersprüht.


Bei diesen beiden Wagen habe ich kräftige Washings auf den kompletten Wagenkasten aufgebracht (oben ein selbst gemischtes Grau, unten das bewährte Burnt Umber) und nach dem Trocknen die Farbe von den Seitenwänden mit einer Wasser-Spiritus-Mischung (ca. 3:1) und Wattestäbchen wieder heruntergewischt.  


Fortsetzung folgt

bs 04/2008


 zurück zu den Tipps