Seit 2002 musste
Appaloosa Junction einige Betriebssessions ertragen. Immer wieder
sind die Zugpersonale von der Betriebstauglichkeit begeistert, wobei
nicht nur die technische Zuverlässigkeit (Bedienbarkeit der
Weichen, Entgleisungssicherheit etc.) gemeint ist, sondern im
Besonderen die Funktionalität des Gleisplans. Eigentlich sieht der
Gleisplan sehr simpel aus, trotzdem hatte ich sehr viel Zeit in die
Planung investiert und dabei einige Blätter Papier verbraucht. Der
Planungsteufel liegt oft im Detail. Im Folgenden möchte ich
aufzeigen, wie sich Appaloosa Junction in der Planungsphase
entwickelt hat.
Betrachten wir
zuerst die damaligen Rahmenbedingungen: Appaloosa Junction war als
„kick off“ für das Modulsystem americaN gedacht. Ich wusste zu
diesem Zeitpunkt nicht, ob ich überhaupt Mitstreiter für mein
geplantes Modulsystem finden würde. Darum sollten Geld- und
Zeitaufwand überschaubar bleiben. Die Gebäude sollten von meiner
damaligen Rangieranlage übernommen werden.
Eine weitere
Randbedingung: die beiden Kernsegmente der Betriebsstelle sollten
auch als Betriebsstelle bei FREMO N-RE verwendbar sein, genauer
gesagt als Ergänzung zum stark auf Personenverkehr zugeschnittenen
Bahnhof Neuenfels. Typisch amerikanisch durfte also nur das
westliche Segment ausgestaltet sein. Genutzt wurde die Einsatzmöglichkeit
bei N-RE jedoch nie. Auch das Transportgefährt war zu berücksichtigen:
damals ein zweitüriger VW Polo, auf dessen Rücksitzen der
Segmentdoppeldecker Platz finden musste.
Grundsätzlich ist
mir wichtig, dass eine Betriebsstelle möglichst viele
unterschiedliche Wagentypen benötigt. Dies hatte ich auch schon bei
meiner Rangieranlage berücksichtigt, was sich wiederum u. a. im von
der Rangieranlage übernommenem Gebäudebestand widerspiegelt.
- reefer
für Farmers Coop
- boxcars,
insulated boxcars und covered hoppers für
Cascades Cookies
- tank
cars für den Brennstoffhändler
Für Appaloosa
Junction wurde das Angebot des Brennstoffhändlers erweitert: hopper
mit Kohle sollten ebenso ein Ziel haben wie boxcars mit
Schmierstofffässern. Der Kohlebunker und der Schuppen des
Brennstoffhändlers wurden also für Appaloosa Junction gebaut.
Darüber hinaus
wollte ich als „universal destinations“ eine
Freiladestrasse mit Rampe sowie ein Übergabegleis unterbringen.
Das Gleisbild ergab
sich aus folgenden Überlegungen: Ein local fährt auf die siding
ein, womit diese weitgehend blockiert ist. Es sollten also keine großen
Anschließer von der siding abzweigen sondern vom Hauptgleis.
Das schräge Halbreliefgebäude von Farmers Coop war schon vorhanden
und muss von Osten her angefahren werden. Bei Cascades Cookies war
die Zufahrt wegen des Schuppens über der Zuckerentladung nur von
Westen her möglich. Gleichzeitig erzwang die Größe des Fabrikgebäudes
ein Verschwenken der kompletten Gleislage zur Modulvorderkante. Um
eine unrealistische S-Kurve in der östlichen Einfahrt zu vermeiden,
wählte ich den trapezförmigen Grundriss für die beiden
Hauptsegmente. Durch diese „gesetzten“ Gebäude ergab sich die
Lage des Freiladegleises von selbst: Es konnte nur noch parallel zum
Hauptgleis vor Farmers Coop verlaufen.
Aufgrund der
Erfahrungen beim Bedienen einiger H0-USA-Betriebsstellen plante ich
einige „ungenutze“ Wagenlängen an den Stichgleisen zu den
Anschließern ein, auf denen Wagen temporär abgestellt werden können.
Dies ist besonders wichtig, wenn während des Rangierens zusätzlich
Zugkreuzungen anstehen. So kann beispielsweise das Gleis zu Cascades
Cookies als Ausziehgleis zur Bedienung der Ladestrasse und Farmers
Coop genutzt werden. Das Hauptgleis kann somit für durchfahrende Züge
genutzt werden und gleichzeitig das Rangieren weiterlaufen. Die
„ungenutzte“ Gleislänge vor dem Freiladegleis und Farmers Coop
ist ebenso gewollt: Hier können Wagen abgestellt werden, die
entweder noch nicht zugestellt werden können, da die Ladestelle
noch besetzt ist („off spot“) oder die auf den in Gegenrichtung
verkehrenden local warten („outbound“). Für beide Fälle gibt
es übrigens separate Fächer in den Wagenkartenhaltern!
Was nun noch
verbleibt, ist die Anordnung des interchange tracks und des
Brennstoffhändlers. Da Appaloosa Junction auch als Rangieranlage
zuhause genutzt werden sollte und die Zufahrt von Osten her erfolgen
musste, brauchte ich im Westen ein Ausziehgleis, also das dritte
Segment. Um für die gesamte Betriebsstelle eine gerade Vorderkante
zu erhalten, wurde das dritte Segment ebenfalls trapezförmig ausgeführt.
Da es den gleichen Winkel aufweist wie die beiden Hauptsegmente
zusammen, liegen die Stirnseiten der gesamten Betriebsstelle
parallel. Für Modularragements hat dies den Vorteil, dass man immer
die „Sichtseite“ der Betriebsstelle zur Bedienseite des
Arrangements drehen kann (bei Betriebsstellen in Bogenlage ist dies
nicht möglich). Es ergibt sich lediglich ein Parallelversatz von
ca. 300mm, was in folgendem Bild gut erkennbar ist:

Ach ja, die
Anordnung des Brennstoffhändlers und des Übergabegleises mussten
noch geplant werden. Durch die oben beschriebenen Vorgaben lag die
kreuzende Bahnlinie am westlichen Bahnhofskopf. Somit konnte das Übergabegleis
zwangsläufig nur von Ost nach Südwest verlaufen. Und da die siding
weitgehend „anschließerfrei“ bleiben sollte, zweigt das Übergabegleis
so weit östlich wie nur möglich ab. Für den Brennstoffhändler
blieb somit der Platz innerhalb des virtuellen Gleisdreiecks. Um dem
gedachten Übergabegleis nicht zu nahe zu kommen, wird auch dieser
Anschließer von Osten bedient. Der Tiefbunker für die Lagerung der
Kohle ist ein vollständiger Eigenbau. Eine beim Vorbild häufiger
anzufindende coal trestle war wegen der kurzen Zufahrtslänge
und dem schlechten Steigvermögen der N-Lokomotiven nicht machbar.
Statt dessen habe ich vor dem Brennstoffhändler lieber wieder
einige Wagenlängen „Abstellgleis“ vorgesehen.
John
Armstrong schrieb in „Realistic
Operation for your model railroad“ [...] In
locating your spur track, the important thing in each case is to
provide some reasonably easy (but not always too easy) way for
getting at the right end of the car for switching it. Often, a good
compromise is to have all the spurs in a given area, except one,
face in the same direction, This means that most of the pickups and
setouts can be accomplished quickly but that on occasion there must
be a runaround movement. This provides variety and greatly increases
the interest of switching maneuvers […]
Auch dieser Tipp
des Altmeisters der US-Anlagenplanung ist in Appaloosa Junction
umgesetzt.
Beim westlichen
Segment legte ich vor allem Wert auf eine realistische Straßen- und
Gehsteigbreite. Gerade in Baugröße N sind hierbei keinerlei
Kompromisse notwendig. Durch den Flusslauf konnte das Geländeniveau
auch mal unter das Gleisniveau abgesenkt werden, was optisch sehr
vorteilhaft ist.
Bleibt die Frage,
was ich bei einer Neuplanung anders machen würde. Aus
heutiger Sicht war die bivalente Nutzungsmöglichkeit "USA -
Europa" unnötig. Also würde ich auch den Hauptteil von
Appaloosa Junction stärker amerikanisieren: An der Stelle der
Freiladestrasse würde ich ein typisches blechverkleidetes
Getreidesilo mit Nebengebäuden aufstellen. Die Ladestrasse würde
ich dort anordnen, wo jetzt Farmers Coop steht. Um trotzdem noch ein
Ziel für reefer zu haben, würde aus Cascades Cookies ein
Hersteller von Tiefkühlkost. An Stelle des Bunkers über der
Zuckerentladung würde ich das Gebäude mit einem Kühllager östlich
verlängern. Den Hügel mit dem Getreidefeld vor dem Übergabegleis
würde ich abtragen. Statt dessen käme das Übergabegleis weiter
nach Süden, um zwischen diesem und der siding noch Platz für
ein echtes Abstellgleis zu schaffen. Dieses und das Übergabegleis würde
ich auch über die Segmenttrennung hinweg führen und statt dessen
die Zufahrt zum Brennstoffhändler kürzen.
Schlussendlich
bleibt festzustellen, dass sich aus den verschieden Sachzwängen
heraus eine fast optimale Betriebsstelle entwickelt hat. Ob mir dies
gelungen wäre, wenn ich ein weißes Blatt vor mir gehabt hätte,
wage ich stark zu bezweifeln.
bs
12/06
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